Quartiersmanagement OF – Wer steckt dahinter? (Teil 2)

Um zu verstehen, welche Rolle das Quartiersmanagement (QM) in Offenbach spielt, ist es lohnend sich einmal genauer anzuschauen wie es entstanden ist, welche Akteur*innen daran beteiligt und welche Förderstrukturen und Finanzierungs- maßnahmen dahinter stecken.

Teil 2: 2010 – heute, Ausweitung des QMs auf die Stadtteile Lauterborn und Nordend, Übernahme durch die Rhein-Sieg AG unter der Trägerschaft von Stadt und SOH.

Stadtteilbüro Nordend

Bildquelle: http://www.offenbach.de

An dieser Stelle wollen wir die verschiedenen aktuellen Akteur*innen, welche in die Durchführung und Finanzierung des Offenbacher Quartiersmanagements involviert sind auflisten. Auch wenn wir uns bemühen die aktuelle Zusammensetzung zu überblicken, erhebt die hier zusammengestellte Liste  jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

2010 wird das die ‚östliche Innenstadt‘ offiziell in ‚Mathildenviertel‘ umbenannt. Die Aufwertung des Viertels gilt als erfolgreich und wird als Modellprojekt des Bund-Länder-Programms Soziale Stadt ausgezeichnet. (Siehe dazu Sachstandsbericht des Quartiersmanagements OF 2010/2011, S.3).

Im gleichen Jahr wechselt das Quartiersmanagement seinen Träger. Der Auftrag der Nassauischen Heimstätte (NH) läuft aus und Marcus H. Schenk übernimmt als „externer Dienstleister“ (mehr dazu in der Quartierszeitung „Wir im Quartier“ auf S.9). Er wird von der Stadtverwaltung und den Stadtwerken der Offenbach Holding (SOH) beauftragt ein Gesamtkonzept für das Quartiersmanagement in Offenbach zu entwickeln, welches neben dem Mathildenviertel auch auf die Stadtteile Lauterborn und Nordend übertragen werden soll.

Mit dem neuen stadtteilübergreifenden Quartiersmanagement kommt es zu einer „Bündelung der verschiedenen kommunalen Initiativen“, wodurch u.a. auch die Finanzierung des QMs ermöglicht werden soll. Diese verteilt sich 2010 auf das HEGISS-Projekt, die Stadt Offenbach und die Stadtwerke Offenbach Holding (SOH), ergänzt um einen Beitrag der Wohnungswirtschaft aus Geldern der gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft Offenbach (GBO), der Baugenossenschaft Odenwaldring und der nassauischen Heimstätte.

2010 kommt es darüber hinaus zu einer Zusammenführung des QMs mit der Initiative ‚Besser leben in Offenbach‘ sowie mit Projekten aus dem Programm ‚Modellregion Integration Offenbach‘. Außerdem greift das QM seither auf Fördermittel des Jobcenters sowie des Bundesprogramms ‚Bürgerarbeit‘ zurück. Auf diese Weise werden weitere Aktivitäten über das „Basisangebot“ des Quartiersmanagements hinaus finanziert, sowie auch personell ermöglicht (siehe Sachstandsbericht S. 10/11).

Am 6. Juni 2014 folgt schließlich die Eröffnung eines weiteren Stadtteilbüros im Senefelder-Quartier.

‚Social Management Consulting‘ rhein-sieg

Der seit 2010 mit dem QM betraute Marcus H. Schenk war bereits unter der nassauischen Heimstätte im offenbacher Quartiersmanagement tätig und taucht ebenfalls beim ‚Social Management Consulting‘ Unternehmen rhein-sieg als Mitarbeiter auf. Auch die Assistent*innen, welche für die Stadtteilbüros Lauterborn und Nordend zuständig sind, sind über das Unternehmen angestellt. Dieses fungiert mittlerweile als offizielles Ausführungsorgan des Quartiersmanagements in Offenbach. Neben Quartiersmanagement bietet die rhein-sieg ihre Expertise ebenfalls im Bereich Integration sowie in der Qualifizierung von Arbeitslosen und der Durchführung von Arbeitsgelegenheiten an  – u.a. auch in Offenbach.

Stadt Offenbach / Amt für Arbeitsförderung, Statistik und Integration

Über das Amt für Arbeitsförderung, Statistik und Integration ist die Stadt Offenbach eine von zwei gleichberechtigten Träger*innen des städtischen Quartiersmanagements. Das Referat ‚Soziale Stadtentwicklung und Sozialplanung‘ des Amts für Arbeitsförderung, Statistik und Integration soll dabei als „Verbindungsstelle des Quartiersmanagements zur Stadtverwaltung Offenbach“ fungieren. Darüberhinaus ist das Referat für soziale Stadtentwicklung und -Planung gemeinsam mit Vertreter*innen der Stadtverwaltung und der Stadtwerke Offenbach Holding (siehe unten) Teil der Steuerungsgruppe des QMs. Auf diese Weise soll sie die Arbeit des Quartiersmanagements „strategisch […] steuern“ und „dessen Aufgabenerfüllung […] überwachen“.

‚Besser Leben in Offenbach‘

‚Besser Leben in Offenbach‘ ist ein Projekt zur Aktivierung der Offenbacher Bewohner*innen. Hierbei werden u.a. Patenschaften für Parkabschnitte vermittelt, in deren Rahmen sich die Bewohner*innen ehrenamtlich für das Sauberhalten der Parkflächen verantwortlich zeigen. Darüberhinaus betreibt ‚Besser leben in Offenbach‘ einen Online-Mängelmelder, über den wilder Sperrmüll, Straßenschäden, Autos ohne Kennzeichen etc. gemeldet werden können. In Kooperation mit der Mainviertel GmbH ist ‚Besser leben in Offenbach‘ außerdem am Zwischennutzungsprojekt Hafengarten beteiligt. Die Mainviertel GmbH ist mit der Planung und Realisierung des neuen Hafenprojekts in Offenbach.  Im Rahmen der Ausweitung der Stadtteilbüros im Jahr 2010 wurde Besser Leben in Offenbach mit dem offenbacher Quartiersmanagement zusammengeführt.

Auch personell gibt es Überschneidungen zwischen ‚Besser leben in Offenbach‘ und dem Quartiersmanagement. So ist Sabine Süßman die Koordinatorin des Aktionsbüros von ‚Besser Leben in Offenbach, auch die zuständige Ansprechpartnerin für das Stadtteilbüro im Senefelder-Quartier. Im Gegensatz zu den anderen Leiter*innen der Stadtteilbüros scheint sie über die GBO und nicht über die rhein-sieg angestellt zu sein.

Seit 2013 „ist das Projekt bei der Gemeinnützigen Baugesellschaft Offenbach mbH (GBO) angesiedelt, während es bis dahin durch die SOH getragen und koordiniert wurde.

GBO – Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft Offenbach

Die GBO weist Neubau, Sanierung und Modernisierung als ihre wesentlichen Tätigkeitsfelder aus. Sie betont: „im Bereich Stadtentwicklung sind wir aktiv daran beteiligt, die hohe Lebensqualität in Offenbach durch gezielte Bau- und Sanierungsmaßnahmen zu erhalten und langfristig zu sichern„. Mit dem Wegfall der Wohnungsgemeinnützigkeit 1990 habe sie einen neuen Markt und neue Geschäftsfelder im Immobiliensektor erschlossen und sei nun die größte Immobilienanbieterin in Offenbach. Seit 2001 ist sie Teil der Stadtwerke Offenbach Holding.

Stadtwerke Offenbach Holding (SOH)

Seit 2010, mit der Erweiterung des Quartiersmanagements auf die Stadtteile Lauterborn und Nordend ist die Stadtwerke Offenbach Holding neben der Stadt Offenbach (in Form des Amts für Arbeitsförderung, Statistik und Integration), eine von zwei gleichberechtigten Trägern des Quartiersmanagements in Offenbach (Sachstandsbericht S.12) Die SOH vereint nach eigenen Aussagen die Geschäftsfelder Immobilien, Stadtservice, Mobilität und Veranstaltungen. Ihre Dienstleitungen reichen vom Abfall- und Gebäudemanagement über den ÖPNV und die Pflege von Grünanlagen bis hin zur städtebaulichen Erschließung und der Vermietung oder Verwaltung von Wohnungen. Teil der Holding ist u.a. die Offenbacher Projektentwicklungsgesellschaft mbH, die im Bereich der Stadt- und Standortentwicklung tätig ist und wesentlich am Ausbau des Offenbacher Hafens beteiligt ist. Außerdem war die Projektentwicklungsgesellschaft maßgeblich an der Umgestaltung und Vermarktung des Quartiers ‚An den Eichen‘ beteiligt. ‚An den Eichen‚ ist der neue Name des ehemaligen Stadtteils ‚Lohwald‘, der als „sozialer Brennpunkt der Stadt“ in Verruf geraten war und in der Folge komplett zurückgebaut wurde. Die Wohnungen der Nassauischen Heimstätte wurden abgerissen, die Bewohner*innen mussten das Quartier verlassen und wurden auf andere Gebiete in Offenbach verteilt. Ab 2007 entstand dann das Neubaugebiet ‚An den Eichen‘, was als bürgerliches Viertel geplant wurde. Nach anfänglichen Schwierigkeiten das Gebiet zu vermarkten, sei das Interesse am Gebiet nach Angaben der Stadt heute „ungebrochen“. Der Abriss des Viertels war schon damals sehr umstritten. 2009 sagt der Kreis-Sozialdezernent Carsten Müller: „…man hat die Menschen nur verdrängt oder anders verteilt. Damit ist der Brennpunkt vielleicht aufgelöst, aber die Einzelschicksale bleiben“.

Modellregion Integration Offenbach (bis 2013)

Modellregion Integration Offenbach‚ ist ein Aktivierungsprogramm für ‚Migrant*innen und Migranten‘, welches von der Landesregierung mit einem Budget von 1,4 Millionen € ausgeschrieben worden war. „Die Hälfte des Budgets wurde von Wiesbaden beglichen, die beiden verbleibenden Viertel haben sich die Stadt und verschiedene Träger geteilt“. Projektträgerin in Offenbach war die Stadt Offenbach durch das Amt für Arbeitsförderung, Statistik und Integration (dessen Vorsitzender gleichzeitig der Leiter des Offenbacher Jobcenters MainArbeit ist, sowie lange als HEGISS-Projektleiter tätig war (siehe Sachstandsbericht S.24). Das Programm finanzierte unter dem Titel ‚Integration im Quartier‘ auch Projekte im Rahmen des QMs.

WIR – ‚Wegweisende Integrationsansätze realisieren‘ (ab 2014) ?

Das Förderprogramm lief jedoch Ende 2013 aus und wird nun durch das Nachfolgeprojekt „WIR – wegweisende Integrationsansätze realisieren“ abgelöst. Die „erfolgreichsten Ansätze“ der im Rahmen [der Modellregion Integration] geleisteten Integrationsarbeit seien somit wieder aufgenommen worden (nach welchen und wessen Kriterien der Erfolg der einzelnen Projekte bewertet wurde, wird jedoch nicht transparent gemacht). Ob die Gelder des Programms, wie bei seinem Vorgänger, ebenfalls teilweise in das QM Offenbach fließen, können wir nicht definitiv sagen, da sich der letzte öffentliche Sachstandsbericht des QMs ausschließlich auf den Zeitraum 2010/2011 bezieht.

Jobcenter und Bundesprogramm Bürgerarbeit (letzteres bis 2014?).

Der Sachstandsbericht 2010/2011 erwähnt, dass das Quartiersmanagement in jenem Zeitraum auch Fördermittel durch das Jobcenter MainArbeit in Offenbach erhielt und auch weiterhin erhalten möchte (S. 2 und S.10). Außerdem wurden die Bürgerarbeitsstellen und Arbeitsgelegenheiten in Abstimmung mit dem Jobcenter eingerichtet und besetzt. Neben einer grundsätzlichen Kritik am Konzept der Arbeitsgelegenheiten, gerät das Jobcenter MainArbeit regelmäßig in die Kritik von Hartz IV-Empfänger*innen und Aktivist*innen sowie von Mitarbeiter*innen des Jobcenters selbst. Sie berichten von regelmäßigen Behördenfehlern, welche bis zu nicht ausgezahlten Alg-II-Leistungen reichen sowie von Hausverbot für Menschen aus der Hartz IV-Initiative SGBIIDiaolog, die Betroffene im Falle eines Zahlungsausfalls zum Jobcenter begleiten.  Eine Arbeitsgruppe aus Politiker*innen und Kritiker*innen wurde nun gegründet um über die Kritik und mögliche Ursachen der bemängelten Fehler, sowie über „Verbesserungsvorschläge für die MainArbeit“ zu diskutieren.

AGH und Bürgerarbeit werden vom QM wesentlich als potentielle Möglichkeit bezeichnet das „Angebot des QMs wesentlich zu erweitern“ und erscheinen in Anbetracht der Tatsache, dass die Finanzierungsstrukturen für Quartiersmanagement stets als unsicher bezeichnet werden (u.a. da regelmäßig Förderprogramme auslaufen, für die schenll und flexibel Ersatz gefunden werden muss) , als Kompensation einer städtischen wie bundwesweiten Austeritätspolitk durch den Einsatz ‚billiger Arbeit‘.

Förderprogramm Lokales Kapital für soziale Zwecke (LOS) bis 2008, Stärken vor Ort bis 2011 – finanziert durch Bundes- und ESF-Mittel (Europäischer Sozialfonds).

LOS und Stärken vor Ort werden im Sachstandsbericht 2010/2011 ebenfalls als Quelle für Fördergelder des QMs genannt. LOS wird mit einem Fördervolumen von rund 530.000 Euro, das Programm Stärken vor Ort mit einem Budget von knapp 580.000 Euro beziffert.

HEGISS – Hessische Gemeinschaftsinitiative Soziale Stadt e.V.

HEGISS stellte im Rahmen des QMs Östliche Innenstadt die ursprüngliche Förderung für das QM in Offenbach dar. Mit der Ausweitung des QMs 2010 wurde sie durch die oben genannten Programme ergänzt. (Dies ermöglichte u.a. die Förderung von sozialen Projekten ohne unmittelbaren Bezug zur „Förderung von baulich-investiven Maßnahmen“, der für eine HEGISS-Förderung vorausgesetzt wird). Der Sachstandsbericht macht deutlich, dass „2013 die HEGISS-Förderung in Offenbach definitiv eingestellt [wird] und alternative Lösungen zur Aufrechterhaltung des Quartiersmanagements entwickelt werden [müssen]“ (S.18).  Wie diese aussehen und welche Maßnahmen von der Stadt sowie dem QM getroffen werden, ist leider zum aktuellen Zeitpunkt nicht transparent.

Das 2014 gegründete Stadtteilbüro im Senefelder-Quartier wird allerdings zu 80% über das HEGISS-Programm vom Land Hessen finanziert. Aktuell besteht das Projekt noch hauptsächlich aus einer „Bestandsaufnahme vor Ort“, welche schließlich ein Konzept zur „Förderung der südlichen Innenstadt“ ergeben soll. Für diese nun laufende „Planungsphase“ wurden 110.000 € im Haushalt 2014 der Stadt Offenbach budgetiert. Die Stadt betont dabei allerdings, dass das ehemalige MAN-Roland-Areal, welches mitten im Quartier liegt und von der Frankfurter ABG-Holding bebaut wird, nicht Teil des Förderprogramms sei. Man erhofft sich jedoch einen „positiven Impuls“ für die Entwicklung des Quartiers.

Weiter zu Teil 3: Was folgt daraus? Meinungen und Thesen. Kritik am Quartiersmanagement und einer neoliberalen Stadtpolitik in Offenbach.

 


Zum Weiterlesen:

Dossier der Frankfurter Rundschau zur ehemaligen Lohwaldsiedlung.

„Besser Leben in Offenbach“: Schilder der Stadtteilbüros zeigen die Kooperation der Akteure.

Sachstandsbericht des Quartiersmanagements OF 2010/2011.